Der Sehnsucht folgen...

...wer hat nicht schon einmal daran gedacht loszulassen, einfach aufzubrechen und den Alltag hinter sich zu lassen? Aufbruch bedeutet immer auch ein Stück weit Aufgabe von Annehmlichkeiten und Sicherheiten, Aufgabe der gewohnten Umgebung im Tausch gegen bislang unbekannte Erfahrungen, Begegnungen, Erkenntnisse und Einsichten. In den zurückliegenden Jahren habe ich mich mehrfach auf diesen Tausch eingelassen und bin auf den großen Caminos der Iberischen Halbinsel zu Fuß nach Santiago de Compostela gepilgert. Ich möchte Sie einladen, Ihren Sehnsüchten für einen Moment nachzugeben und mich ein Stück weit auf meinen Caminos zu begleiten.

Freitag, 28. Februar 2014

3. Tag - Berg der Läuterung

viernes 28.02.14
Pamplona - Puente la Reina  26,5 km
Regen, Sturm in 800 m Höhe, Schnee bei 3-5° C

Pilgerzug am Alto del Perdón


 



Hola,

die Herberge 'Jesus y Maria' war eine Wohltat: Warm, ruhig, behaglich, genau das Gegenteil von dem, was uns draußen erwartet. Bis zum Alto del Perdón, dem 'Berg der Läuterung' in 735 m Höhe bin ich schon komplett durchnässt und Claire aus Südkorea geht es auch nicht viel besser.
Danach folgt ein recht steiler Abstieg zu Puente la Reina. Sunny erwartet uns und wir tauschen Respektsbezeugungen (Verbeugungen) aus. Wir kochen Pasta mit unserem Mitpilger Maurizio aus Sardinien, der immer wieder betont, dass Sardinien 'mafiafrei' ist. ;-)

Dem Essen folgen Verbrüderungsszenen und wir müssen uns alle per Unterschrift auf der sardischen Flagge verewigen. Die südkoreanischen Mitpilger haben beim Essen kräftig geschmatzt, was mich am Anfang etwas irritiert hat. Aber so ist der Camino, man lernt auch in diesen Dingen dazu.    ;-)


My 'son' Sunny aus Südkorea

CAMINO SANTIAGO
das bedeutet nicht nur Camino Francés, sondern es gibt sehr viele Pilgerwege in Spanien, die nach Santiago de Compostela führen. Wie der Weg markiert ist? Ganz einfach, mit einem gelben Pfeil, durchgehend von Roncesvalles bis Santiago de Compostela oder z.B. auch von Sevilla aus, auf der Ruta de la Plata, die in Astorga auf den Camino Francés trifft.

LAUTES SCHMATZEN VON KOREANISCHEN MITPILGERN ERSETZT MINDESTENS EINEN MICHELIN-STERN.  



buen camino

Pilgrimlittlespear 

Donnerstag, 27. Februar 2014

2. Tag - Pamplona Marathon

jueves 27.02.14
Roncevaux - Pamplona  -  42 km
bewölkt, Schnee, Regen bei 2-11° C













 
Hola,

dank 'Schengen' haben wir gestern erst an den Pintxos in einer Bar bemerkt, daß wir die Grenze zu Spanien überschritten hatten, das Land, welches uns Pilger von nun an freundlich und fürsorglich unterstützen wird. Davon bin ich aufgrund meiner Erfahrungen auf der Ruta de la Plata im Frühjahr 2012 und dem Caminho Portugues im Frühjahr 2013 ehrlich überzeugt.

















Heute morgen schneit es in Roncevalles und macht den steilen Abstieg nach Zubiri nicht einfacher. Aus Schnee wird Regen, die Schuhe sind aufgeweicht, die Kleidung feucht. Was plant der Apostel? Der Matschweg führt durch Bergeichenwälder mit 'Riesenbuchsbäumen'. 
Das Albergue in Larrasoana ist selbst bei wohlwollender Betrachtung verkommen. Jane ist jetzt mindestens 2 Std. hinter mir, da sie einen Stop in Zubiri eingelegt hat. Ich beschließe spontan, bis Pamplona durchzugehen. Die letzten 5 der insgesamt 42 km laufe ich am Rand der Autobahn. Der Apostel wird schon ein Auge auf mich werfen und Gefahr abwenden .
Um 20 h erreiche ich 'Jesus y Maria', meine Herberge in Pamplona. Der Name ist Programm (was auch sonst?) und alles wird gut. Sunny aus Südkorea fällt mir in die Arme, ich lerne seine Freundinnen Liza und Claire kennen. Jane bin ich jetzt schon einen ganzen Tag voraus. 


Claire
Liza
             
CREDENTIAL und ALBERGUE
Das Credential (Pilgerausweis) ist das wichtigste Dokument auf dem Camino und wird in jedem Albergue abgestempelt, somit der Weg des Pilgers dokumentiert. Ohne Credential keine Übernachtung im preiswerten Albergue (2-9 €). Man wird also eher von Athen nach Oslo ohne Ausweis reisen, als eine Nacht im Albergue ohne ein Credential zu verbringen.

                                                   

42 KM FÜR 'JESUS Y MARIA' LOHNEN SICH IMMER !

buen camino

Pilgrimlittlespear 





Mittwoch, 26. Februar 2014

1. Tag - Pyrenäenüberquerung im Schnee

miércoles 26.02.14
St. Jean Pied de Port  -  Roncesvalles  -  27 km
bewölkt, später Schnee und Schneeregen





Erster Morgen in der Herberge in St.Jean


Hola,

Kathleen aus Texas, Jane aus London, Rytis aus Litauen und Tom aus Westfalen und ich brechen um 8h in St. Jean auf. Die 'Route Napoleon' über den 'Col de Lepoeder' (1430 m) ist wegen Schneefalls gesperrt. Wir müssen den 'unteren Weg' durch das  Dorf Valcarlos  nehmen, höchster Punkt: Puerto de Ibañeta, 1057 m ü. NN. Der  Ibañeta Pass diente schon in vorrömischer Zeit der Pyrenäenüberquerung.


Nur Jane und ich gehen die volle Etappe und erreichen am Spätnachmittag im Schneetreiben das Augustinerkloster Roncesvalles aus dem 12. Jhd. Roncesvalles ist seit jeher eine wichtige Pilgerstation auf dem Camino Francés. Die Via Podiensis (le Puy und Conques), die Via Turonensis (Paris, Tours und Poitiers), die Via Lemovicensis (Vézelay, Limoges und Périgueux) kreuzen hier gebündelt die Pyrenäen, um sich dann als der Hauptpilgerweg nach Santiago de Compostela, als Camino Francés zunächst in südwestlicher und später ab Logroño in westlicher Richtung fortzusetzen.


Kloster Roncesvalles in der Autonomen Region Navarra


Die Stimmung ist gut, ich hab schon einige 'phrases'  gelernt: 'Angela Merkel is the best of a bad bunch.' - 'This is a Goldilocks walking-speed!'

Im Kloster finden sich Pilger aus Schottland, USA, GB, Südkorea, Frankreich und Deutschland. Beim Pilgermenü in der nahen Bar lerne ich Sunny aus Südkorea kennen. Er schaut Jane und mich an und meint ganz ernst: "Ohhhh, father and daughter!" - Als er mein entsetztes Gesicht sieht, folgen ca. 100 schnelle Verbeugungen und genauso viele " sorry, sorry, sorry...." :-))))


buen camino

Pilgrimlittlespear 

Dienstag, 25. Februar 2014

Anreise ins französische Baskenland nach Saint-Jean-Pied-de-Port

mardi 25.02.2014
Weeze/ Niederrhein - London Stanstead - Biarritz - Saint-Jean-Pied-de-Port



Pilgerort Kevelaer/ Niederrhein, ein erster Stempel ins Credential




Schon gestern Abend bin ich an den Niederrhein angereist, weil meine Maschine nach London Stanstead schon um 6:30 h vom Flughafen Weeze aus ging. Nach einem mehrstündigen Zwischenaufenthalt in London sitze ich jetzt mit der Maus etwas übermüdet aber glücklich im Flugzeug nach Biarritz.

Neil from Scotland
Beim Einschecken in London rief plötzlich jemand aus der Reihe der wartenden Passagiere meinen Vornamen, was mich ehrlich gesagt zunächst etwas erschreckt hat, aber dann fielen wir uns schon in die Arme. Mein Freund Neil aus Schottland, den ich ein Jahr zuvor auf dem Camino Portugués kennengelernt hatte, will mit 4 Freunden aus Italien über den Camino Vasco del Interior von Irun nach Burgos (Camino Francés) pilgern. Die Welt ist klein und auch in den folgenden Jahren sollte ich auf meinen Caminos immer mal wieder Pilger wiedertreffen. Wir verabreden uns jedenfalls sofort für den 07. März in Burgos, von wo es auch für Neil auf dem Camino Francés weitergehen soll.

Ab Biarritz geht es für mich per Anhalter weiter nach Saint-Jean-Pied-de-Port, wo sich zwei reizende ältere Damen im Pilgerbüro und in der Herberge um die Belange der Pilger kümmern.


Ich bin froh, endlich in Saint-Jean zu sein, die Herberge ist blitzblank, die Betreuung durch die Damen einfach toll, morgen früh gibt es sogar ein Frühstück, 'bonne nuit  et à demain'!

Pilgrimlittlespear 

Montag, 24. Februar 2014

Camino Francés - Primavera 2014 - von Saint-Jean-Pied-de-Port in den französischen Pyrenäen nach nach Santiago de Compostela in Galicien







Hola,

der Camino Francés ist mein dritter Camino Santiago auf der Iberischen Halbinsel und spätestens jetzt muss ich mir eingestehen, dass mich das Pilgern seit dem Camino Via de la Plata im Frühjahr 2012 nicht mehr losgelassen hat. Hier drängt sich die Frage nach dem Warum auf, die ich mit einer Vielzahl unterschiedlichster Gründe beantworten kann. 
Eine religiöse Motivation spielt sicher eine eher untergeordnete Rolle, aber ich bin schon sehr früh in den Schulferien mit meinen Geschwistern regelmäßig gewandert und damals haben wir ganz selbstverständlich in Jugendherbergen übernachtet, die in den 70er Jahren, ähnlich den Herbergen auf den Caminos,  noch sehr einfach ausgestattet waren. Das Fernwandern liegt mir seitdem also irgendwie im Blut. 
Später habe ich Geschichte und Geographie studiert und mit diesen Interessen ist man auf einem Pilgerweg durch geschichtsträchtige Städte und wunderschöne Natur- und Kulturlandschaften auf der Iberischen Halbinsel in der richtigen Spur.
Nicht zuletzt sind es aber die Begegnungen mit den vielen Mitpilgern aus der ganzen Welt, die mich immer wieder auf den Camino Santiago führen. Bei diesen Begegnungen findet Austausch in vielerlei Hinsicht statt, ungeachtet der Hautfarbe, ethnischer Herkunft, Religion und Weltanschauung. Der Camino Santiago ist somit immer auch Friedensarbeit, die ich mit ganzen Kräften unterstützen möchte.


buen camino

Pilgrimlittlespear