Der Sehnsucht folgen...

...wer hat nicht schon einmal daran gedacht loszulassen, einfach aufzubrechen und den Alltag hinter sich zu lassen? Aufbruch bedeutet immer auch ein Stück weit Aufgabe von Annehmlichkeiten und Sicherheiten, Aufgabe der gewohnten Umgebung im Tausch gegen bislang unbekannte Erfahrungen, Begegnungen, Erkenntnisse und Einsichten. In den zurückliegenden Jahren habe ich mich mehrfach auf diesen Tausch eingelassen und bin auf den großen Caminos der Iberischen Halbinsel zu Fuß nach Santiago de Compostela gepilgert. Ich möchte Sie einladen, Ihren Sehnsüchten für einen Moment nachzugeben und mich ein Stück weit auf meinen Caminos zu begleiten.

Montag, 31. März 2014

Wir sind der Weg ! - Camino Francés - Frühjahr 2014


























 
 

 



















 












 












































Es ist schon etwas Besonderes nach mehreren Wochen auf dem Pilgerweg endlich Santiago de Compostela zu erreichen, je nach religiöser Ausrichtung sicher auch ein spiritueller Höhepunkt.

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Der Weg, das sind die Pilger, jeden Alters, aus allen Kontinenten und die Menschen des Gastlandes Spanien. Sie machen im Wesentlichen den Camino aus; gemeinschaftlich, friedlich, multikulturell, religionsunabhängig und ganz sicher auch mit allen menschlichen Schwächen.



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Mein Camino endet hier nicht, ich blicke nach vorne auf den Camino del la Costa, spätestens im Frühjahr 2015.







Wir sind der Weg!!!
Buen camino!!!
Pilgrim Little Spear  ;-)

Aussichten...

Hola,
es kommt noch mindestens ein 'Post' ...

....'der Ball ist rund'   ;-)

buen camino

Montag, 24. März 2014

27. Tag - Santiago de Compostela

lunes 24.03.14  -   Santiago de Compostela 
bewölkt bei 13°C, vormittags starker Regen







Hola,

um 8 h mache ich mich frisch geduscht und mit neuen Schuhen, die ich schon in Leon gekauft hatte, auf den Weg in Richtung Kathedrale. Die alten Schuhe hab ich in einem großen Strauch vor der Herberge deponiert.  Ich habe es nicht fertiggebracht, sie so einfach in den Müll zu werfen. Es kam mir so schon ein bisschen wie Verrat an meinen treuen Weggefährten vor.

Im Mittelalter haben sich die Pilger schon in Lavacolla, einige Kilometer vor Santiago, für den Gottesdienst in der Kathedrale und den Besuch des Apostelgrabes gereinigt, trotzdem mußte noch der Botafumeiro (50 kg schweres Weihrauchfass, galicisch: Feuerkessel) in der Kathedrale geschwenkt werden, um die Körpergerüche der Pilger zu überdecken.

Ich hab heute als erster Pilger meine Compostela im Pilgerbüro erhalten und eine zusätzliche Anerkennung, den Camino Frances in 26 Tagen gegangen zu sein.  Und beim Apostel: Ich bin jeden cm gelaufen!!!
  
Am Grab des Apostels hab ich am Morgen gebetet, besonders für jene, die mich auf diesem Weg begleitet und unterstützt haben. Bei der feierlichen Pilgermesse um 12 h in der Kathedrale hab ich eine Menge Pilger vom Weg wiedergetroffen. So ist der Camino:  Kennenlernen, Abschied nehmen, Wiedersehen, für mich oft nicht so ganz einfach.
Der Botafumeiro wurde geschwenkt, und man zieht unwillkürlich den Kopf ein, wenn der mit gefühlter Schallgeschwindigkeit (65 km/h) durchs Kirchenschiff saust.
Die Messe beginnt mit dem Verlesen der Statistik des Tages, wieviel Pilger auf welchen Wegen und aus welchen Ursprungsländern in Santiago de Compostela angekommen sind. Während der Lithurgie werden Fürbitten einer spanischen Pilgergruppe verlesen, die Messe endet mit dem Pilgersegen.


                                                                                 ***

  
 
Heute ist auch für Spanien ein besonderer Tag: Adolfo Suárez, der erste gewählte Regierungschef Spaniens, wird in Madrid beigesetzt. 'El mundo', 'el pais' und 'voz de la galicia' schreiben über seine Verdienste für Spanien in einer kritischen Übergangsphase nach der Junta. Er wurde, wider Erwarten,  ein Politiker des Ausgleichs, wahrscheinlich ein Glück für dieses schöne Land und seine lieben Menschen.
  
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Am Abend gehe ich noch ins (fünf) Sterne Parador 'Los Reyes Católicos', um ein kostenloses Pilgermenü zu genießen.  Dieses Personalessen gibt es nur gegen Vorlage der Compostela und auch nur für die ersten 10 Pilger, die sich jeweils am Eingang der Tiefgarage einfinden.  Man trifft hier also noch einmal Pilger aus aller Welt in einer sagen wir 'Überraschungszusammensetzung', die jedes Mal besondere Heiterkeit garantiert.

Das 'Hospital de los Reyes Católicos' wurde 1498, sechs Jahre nach erfolgreicher Wiedereroberung (Reconquista) Spaniens, von Ferdinand II. und Isabella I. gegründet. Seit Ende der 50er Jahre wird das Gebäude als Parador genutzt. Eine Bedingung für die Nutzungsänderung war die Ausgabe dieses kostenlosen, täglichen Pilgeressens.

 

buen camino

26. Tag - Mit einem Ultra Marathon ins Ziel ...

domingo 23.03.14
von Melide nach Santiago  54 km
bewölkt, kalt bei 9 °C






Hola,

cafe con leche, neapolitana und tostada helfen mir heute auf die Läufe, aber es bleibt anstrengend. Irgendwie spüre ich die Entbehrungen der vergangenen Wochen doch. Außerdem sind jetzt beide Schuhsohlen durchgebrochen, sie werden hoffentlich noch einen Tag halten.
Jetzt sehne ich mich nach etwas Ruhe, Privatspähre und Luxus. Mal morgens keinen Schlafsack einrollen und den Rucksack packen müssen.... Ultreija, der Monte de Gozo ruft!!!!
Das Klima wird milder, ich wandere durch duftende Eukalyptuswälder, vorbei an blühenden und bis zu 4 m hohen Kamelien, Rosmarinhecken, Bananenstauden und Palmen.

Der Wetterbericht sagt für morgen Regen voraus und ich beschließe spontan bis Santiago durchzulaufen.

Die wohl härteste Etappe mit 54 km, bei der ich so einiges in den Bars am Weg weggefuttert habe. Um 22 h bin ich im Albergue San Lazaro in Santiago de Compostela - erschöpft, glücklich und zufrieden roll ich mich ungewaschen (etwas 'smelly') in meinen Schlafsack und freue mich auf morgen.

buen camino















25. Tag - 'pulpo con patates'

sábado  22.03.14
Portomarín - Melide  -  39 km
bewölkt, kalt, Schauer






 


Hola,

Das Wetter hält sich zunächst, doch als ich meine 'pulpo con patates' verspeise kommt ein Schnee-Hagelschauer nieder, der es in sich hat. Erst am Abend erreiche ich erschöpft Melide. Hier treffen Camino Frances und Camino Primitivo aufeinander. Meine Oberschenkelmuskulatur schmerzt, vor 8h liege ich im Schlafsack, fertig aber auch zufrieden.
Santiago rückt näher und das soll mir noch mal Auftrieb geben. Übermorgen gegen Mittag möchte ich am Monte de Gozo, 'dem Berg der Freude' sein, von dort erblickt der Pilger erstmals die Kathedrale von Santiago de Compostela.

buen camino




  

24. Tag - lluvia

viernes 21.03.14
Sarria - Portomarin  -  22 km
bewölkt, Nieselregen bei 12°C






Hola,

ja, es gibt sie noch: Wolken und Regen. Heute geht es über Feldwege und  Hohlwege von einem Weiler zum anderen, vorbei an endlosen Mauern, die mit Moos und Farnen bewachsen sind. Uralte Eichen und Maronenbäume säumen den Weg. Wir laufen durch Kuhmist, durch Bäche, über gepflasterte Wege und Straßen. 



Die Hunde laufen immer noch frei herum, scheinen heute jedenfalls keinen rechten Appetit auf Pilgerwaden zu haben. Liegt vielleicht am müden Wetter, 'höhere Kräfte' vermute ich in diesem Fall ausnahmsweise mal nicht. 

Die Häuser sind aus massivem, schiefrigem Granit, gedrungen, mit groben Schieferplatten eingedeckt, bei dem Wetter wirkt alles etwas verloren. Hier wütet die Landflucht, irgendwie kein Wunder, dass es junge Leute hier nicht hält, bei aller Romantik. Die Höfe betreiben Milchwirtschaft auf Weiden, die kaum einen ha groß sind, zumeist mit Mauern eingefaßt, sogar die Weidezäune haben Pfähle aus Steinen, aufgestellt für die Ewigkeit.

Es hat aufgehört zu regnen, werde mich gleich mit Petra aus Berlin weiterschleppen, sind nur noch 7 km bis Portomarin.

buen camino

Donnerstag, 20. März 2014

23. Tag -

jueves 20.03.14
Fonfria -Triacastela - Barbadelo- 29 km
Sonne, blauer Himmel bei 22 °C


 

 

 

Hola,

seit ich in Galicien bin, laufen die Hunde wieder frei herum. Allesamt harmlos bisher, aber das hätten meine Waden zum Schluß nicht verdient. So werde ich mir bei nächster Gelegenheit einen Pilgerstock beschaffen, um mir diese lästigen Zeitgenossen auf Distanz zu halten.
Über Höhenwege und später durch die für Galicien typischen Hohlwege geht es über Triacastela und der Benediktinerabtei Samos nach Sarria. Meine zwei Zimmergenosssen aus Mallorca (beide über 70 und Extremschnarcher) lasse ich hinter mir und denke nur 'nicht noch eine Folternacht'. :-( 

Um 17 h schleppe ich mich die lange Treppe zum Albergue hinauf und wer schreit von oben 'littlespear' Jose-Maria aus Sevilla, eine Flasche Estrella Galicia wild schwenkend. Ich bin endlich angekommen! :-)


EXPERIMENTELLER CAMINO

In den Montes de Leon hab ich eine Schülergruppe der Laborschule Bielefeld getroffen. Ihr Camino wird von der Uni Bielefeld begleitet. Die Jungen haben sich wirklich gut geschlagen!

buen camino

22. Tag - Alto de Poyo

miercoles 19.03.14
Trabadelo - Alto de Poyo - 27 km - Fonfria (32 km), 600 - 1300 m n.N
bei 3°C am Morgen, 18°C










Hola,

das 'Estrella Galicia' hat über Nacht wahre Wunder an meinem geschundenen Körper vollbracht. Ich habe wie ein Baby geschlafen und bin bereit für die heutige Bergetappe. Das 'Estrella Galicia' ist das 'Fiege-Bier' Galiciens, frisch und herb! Es muß zwischen den Brauereien in A Coruña und Bochum magnetische Strömungen geben, nur so sind die Ähnlichkeiten im guten Geschmack zu erklären, mal ganz sicher!

Meine Mitpilger haben mich heute Morgen mit 'Schumi' begrüßt, sicher ein Kompliment auch in Anbetracht meiner Schuhe, die einen Boxenstopp nötig hätten. Ich beschließe spontan, den heutigen Tag Michael und seiner Genesung zu widmen und mache mich froh auf den Weg.

Nach drei Stunden bin ich immer noch im Tal, komme heute irgendwie nicht voran. Vielleicht liegt es an der Schönheit der Natur. Alles ist im Begriff, den Winter abzuschütteln, Obstbäume blühen, sogar die  Rinder stehen schon auf den fettgrünen Weiden und schauen uns Pilgern gelassen nach. 

Ultreia!!! Auf nach Galicien!!!

 

Sorry, 'Schumi' meine langsamste Etappe. Auf 1300 m Höhe hab ich die Grenze zu Galicien überschritten und beinahe noch den 2 m hohen Grenzstein übersehen. Schuld ist die Kalbshaxe, die ich kurz vorher auf einem Weiler bei einem Bauern in mich hineinstopfte. Fastenzeit hin oder her, das mußte jetzt sein und wenn ich auf ewig, wie zuvor die Haxe im Ofen, in der Hölle schmoren muß. Das war es wert, basta!!! 


















Die Aussicht hier ist gigantisch, ich bin in O Cebreiro, die Kirche Santa Maria la Real ist die Älteste am gesamten Weg. Ich treffe einen Franziskaner und wir sind uns einig, daß unser Papa Franziskus ein Glück für die Katholische Kirche ist!



Letztendlich bin ich bis Fonfria gegangen, am Alto do Poyo war es zu schmuddelig und ich will mir jetzt nicht noch Bettwanzen einfangen. Die Herberge "A Reboleira" ist ein Traum aus Naturstein und Holz mit 3-Bett Zimmern, einer Bar, Pilgermenü und einer fürsorglichen Hospitalera.



buen camino

21. Tag - In the middle of nothing

martes 18.03.14
Ponferrada - Trabadelo  -  34 km
Sonne, diesig bei 19°C


Hola,

der Camino führt mich heute früh an dem im 13. Jhd. fertiggestellten Castillo del Temple vorbei, eine Bastion der Templer am Pilgerweg. Dann geht es weiter durch Weingärten, kleine Dörfer und Weiler im Landkreis El Bierzo, in der Provinz León.




Nach gut 3 Std. eine erste Pilgerrast in Cacabelos, einem typischen Weindorf. Hier wird schon 'Pulpo Gallego' angeboten, Galicien kann somit nicht mehr weit sein, bis Santiago de Compostela etwa noch 190 km. Zum 'cafe con leche' gibt es 'bizcocho' in einer vinoteca, so gestärkt breche ich auf und hoffe,dass die Schuhe halten. Der linke Schuh hat seit gestern einen Riß in der Sohle ... ;-) 

Ab Villafranca geht es dann schön monoton am Rio Valcarce entlang. Um 16h komme ich in 'the middle of nothing' an. Immerhin gibt es ein Albergue in Trabadelo, eine Tienda Carmen und ein Sägewerk. 

 













Ich habe mein schönes Badetuch in Ponferrada vergessen. Na, irgendjemand wird sich vielleicht darüber freuen. Die Etappe morgen soll mich nach Alto de Poyo und damit auch über die Grenze zur autonomen Region Galicien bringen. Irgendwie hat das was von Zielgeraden, wobei ich nichts herbeireden will. Der Apostel und übergeordnete Stellen haben es mit mir bisher gut gemeint. Also, Ohren angelegt und schön demütig weiter Richtung Westen!

HOLA
Die wichtigste Grußformel 'hola' = salopp 'hallo' wird fast immer von jungen Spaniern gewählt, ältere Menschen belassen es dann doch eher beim 'buenos dias'. Das 'buen camino' ist allerdings die häufigste Grußformel auf dem Camino. 



 
So, jetzt muß der Pilger auftanken, im wahrsten Sinne des Wortes und das heißt ab jetzt 'ESTRELLA GALICIA': meine No.1 aller spanischen Biere. Der geschundene Pilgerkörper, insbesondere seine Beinmuskulatur, schreit danach. Und den Blog später zu schreiben, wäre unter diesen Voraussetzungen zu riskant. :-)

AUCH IM BIER STECKT WAHRHEIT!

buen camino

20. Tag - Cruz de Ferro

lunes 17.03.14
Foncebadón - Ponferrada  -  27 km  1531 m - 541 m  ü. NN
Sonne, windstill bei 22°C





Hola,

ich verlasse das Albergue kurz nach Sonnenaufgang. Im Osten liegt die Meseta Central im Morgendunst. Nach 30 Min. ist das Cruz de Ferro erreicht, damit auch mit 1531 m ü. NN  die höchste Stelle auf dem Camino Francés. Unterhalb des Baumstammes und des Eisenkreuzes legen Pilger Steine und mitunter sogar persönliche Dinge ab. Man vermutet, dass an dieser Wegkreuzung schon zu keltischer und römischer Zeit Votivgaben abgelegt wurden.
Das Gebet des Cruz de Ferro: 
'Herr, möge dieser Stein, Symbol für mein Bemühen auf meiner Pilgerschaft, den ich zu Füßen des Kreuzes des Erlösers niederlege, dereinst, wenn über die Taten meines Lebens gerichtet wird, die Waagschale zugunsten meiner guten Taten senken. Möge es so sein.'





Ich verweile einen Moment und begebe mich dann an den Abstieg durch die Montes de León. Ringsherum schneebedeckte Gipfel, der Weg führt durch Bergeichenwälder mit Unterwuchs aus Heidekraut und Ginster, später Lavendel. Bis dahin ist dies wohl die landschaftlich schönste Etappe auf diesem Camino. Um 13h erreiche ich Molinaseca, und überquere den Rio Meruelo. Alles hier gibt schon einen Vorgeschmack auf das nicht mehr ganz so ferne Galizien. 

Nicht mehr so ganz frisch erreiche ich am Nachmittag das Albergue in Ponferrada. Für eine Stadtbesichtigung bin ich jetzt zu müde. Das werde ich morgen früh nachholen. Triviale Dinge wie Essen kochen und Wäsche waschen haben jetzt Vorrang, danach sehen wir weiter. Ponferrada gab es ausnahmsweise schon vor der römischen Inbesitznahme der Iberischen Halbinsel; der Pilgerweg hat die Entwicklung der Stadt  sicherlich gefördert.
Ich bin im '
Albergue de Peregrinos San Nicolás de Flue' untergekommen, eine echte Luxusherberge und dazu noch 'donativo'. Morgen möchte ich es bis Trabadelo (34 km) schaffen, da ist frühes Aufstehen (wegen der Hitze/Sonnenstrahlung) erforderlich. Für heute reicht es mir jedenfalls.



buen camino

19. Tag - Foncebadón

domingo 16.03.14
Astorga - Foncebadón  -  25 km auf 1439 m ü. NN
Sonne bei 22°C 




Hola,

heute bin schon seit 6 h unterwegs und nach gut 4 Std. Weg erreiche ich Rabanal del Camino. Bis Foncebadón sind es jetzt nur noch ca. 5 km. Der Weg im Sonnenaufgang war atemberaubend; die Stille, Zeit zur Besinnung. 
Gestern hatte ich noch ein sehr anregendes Gespräch mit dem Direktor des Museo Romana in Astorga. Ich hab ihm von den Spuren der Römer in Deutschland erzählt, vom Römisch-Germanischen Museum in Köln aber auch von meinem Besuch des Museo Romana in Merida auf dem Camino Ruta de la Plata im Frühjahr 2012.





















Foncebadón liegt auf 1439 m Höhe und ich erreiche die Herberge schon um 13 h.  Der Ort war fast ausgestorben, die Gebäude verfallen. Der Pilgerweg läßt allmählich wieder Leben in das Dorf einkehren. Das Albergue muß man sich so vorstellen, wie eine bewirtschaftete Berghütte. Nach dem Pilgermenü sitzen wir noch lange um den offenen Kamin und sprechen über Gott, die Welt und den Camino.

DREI ENGEL:

BARBARA
hat den Camino in jeglicher Hinsicht gesponsert und hält mir zu Hause den Rücken frei. DANKE!

SUSANNE
hat mir noch nach 10 Tagen auf dem Camino den Blog eingerichtet und nimmt mir seither alle Arbeiten damit ab.
DANKE!

JANE
is still sending pictures to my blog, thanks for that! She might be one stage behind me. We had a real amazing first half on this camino. You will not find a better company and of course I miss her. We have been laughing about German efficiency, English and German phrases and at least we found out:

'Der Ball ist rund!' :-)


buen camino










18. Tag - Albergue 'Vieira'

sábado 15.04.14
San Martin del Camino - Astorga  25 km
Wetter unverändert gut






Hola,

im Albergue 'Vieira' haben mir Amelia und ihre Tochter Sheida wieder auf die Beine geholfen. Sie führen die Herberge mit Herz!  Das Pilgermenü gestern (Wein reichlich, gemischter Salat, Brot, in Asche gegarte Kartoffeln, eine Gemüsesuppe mit Kichererbsen, Schweinefleisch geschmort mit Rosinen und Pinien, Joghurt, Obst, ...) hat alles bisherige übertroffen, einfach sagenhaft!!! Die Herberge selbst ist liebevoll eingerichtet, sehr sauber und ich habe seit langer Zeit mal wieder richtig geschlafen.  Ultreia !!!    Auf nach Astorga  !!!


In Hospital de Orbigo kann ich die N120 verlassen und endlich die Stille und den Weg durch Felder, Bergeichenwäldchen und Weingärten vorbei an Weilern und Dörfern genießen. Das Kantabrische Gebirge ist nähergerückt und die schneebedeckten Gipfel scheinen zum Greifen nah. Kurz vor Astorga treffe ich auf Massimo und Jessika aus Padua. Sie sind seit 10 Monaten von Italien aus mit ihren Eseln Antonella und Nerone (Sohn von Antonella) und dem Hund Pedro auf dem Camino. Sie leben meinen Traum und versinke in Nachdenken.


FACEBOOK: 
A PASSO LENTO DESDE ITALIA HASTA SANTIAGO












Astorga leitet sich vom römischen Asturica Augusta ab. Die Römer haben mit Hilfe des Militärstützpunktes u. A. auch ihre Goldminen gesichert. Wenn schon Ausbeutung, dann aber auch richtig bitteschön!!! Ich werde mir das gleich mal im Römischen Museum von Astorga ansehen.


PILGERSTOCK
Der Pilgerstock dient im wesentlichen zwei Zwecken: Abwehr von Hunden, die dem Pilger an die Waden wollen. Bei diesen Exemplaren handelt es sich dann um richtige Höllenhunde, die den glücklichen Ausgang der Pilgerreise vereiteln wollen. Außerdem natürlich die Stützfunktion in schwierigem Gelände. 


buen camino

Tag 17 - Richtung Astorga

viernes 14.03.14
León - San Martín de Camino  -  24 km
blauer Himmel, Sonne bei 22 °C





Hola,

die eintönige Meseta endet hinter Leon und in den kommenden Tagen wird der Camino bis auf 1450 m ü. NN hinaufgehen. Der gestrige Tag steckt mir heute früh noch in den Knochen, sodass ich heute etwas langsamer gehen werde. Ich habe direkt Shorts angezogen, um das lästige Umkleiden zu vermeiden. Jetzt um 9 h herrschen 5° C. Der Weg verläuft wieder entlang der N120 nach Astorga; die weitaus schönere Streckenvariante habe ich  irgendwie verpasst und ich fange an zu grübeln. Erstmals überlege ich, ob es nicht reicht und ich vielleicht zum Fluhafen gehen sollte,  der in Sichtweite ist. 





Gestern hatte ich einen leichten 'Sonnenstich', ich bin angeschlagen. Der neue Strohhut vom Chinesen am Weg für einen Euro tut gute Dienste, wenngleich er mehrfach vom Fahrtwind der LKWs in den Graben geweht wird. Ich lande in San Martin del Camino in der privaten Herberge 'Vieira', wo mich Hospitalera Amelia herzlich empfängt.  

Ich habe mehrere Tage nicht gewaschen und die Unterwäsche und Socken müssen in der Restsonne noch trocken werden. Gleich gibt es noch ein Pilgermenü und dann ab in die Falle.
In der Jugendherberge waren einige Schulklassen und ich hätte es wissen müssen: Die ganze Nacht über 'ging die Post ab...' Wir waren allerdings früher nicht besser.  :-(.
Morgen möchte ich bis Astorga kommen und das müsste zu schaffen sein. In Astorga trifft die Ruta de la Plata auf den Camino Franchés. In 2012 bin ich in Granja de la Moreruela nach NW auf den Mozarabischen Weg abgebogen, statt weiter auf Astorga und den Camino Francés zuzugehen.

MOCHILLA und SACO DE DORMIR
sind überaus wichtige Ausrüstungsgegenstände des Pilgers. Der meist übervolle Rucksack und der Schlafsack, in den man sich am Abend behaglich 'einmummelt' und sanft einschlummert. Der Schlafsack sollte warm genug sein, denn in Klöstern und Herbergen auf Spendenbasis wird oft wenig oder gar nicht geheizt. Zum Inhalt des MOCHILLAs werde ich noch etwas schreiben, bin jetzt zu müde und der Geruch vom Pilgermenü steigt mir schon in die Nase... .

Ich vermisse meine 'nurse'.

RHEINISCHES GG, ART. 4
Wat fott es, es fott!

buen camino

16. Tag - Leon

jueves 13.03.14
El Burgo Ranero - León 40 km
blauer Himmel, Sonne bei 22°C












Hola,

ich sitze schon um 6 h in der Bar 'el peregrino' gegenüber der Herberge. In den spanischen Dörfern gibt es meist eine Bar, die sehr früh öffnet. Hier sitzen die Rentner und lesen die Tageszeitungen, da ein Zeitungsabonnement in Spanien eher unüblich ist. In jedem Fall ist es ausgesprochen pilgerfreundlich. Hier gibt es cafe con leche + tostada, so etwas wie ein Standardfrühstück in Spanien.

Die heutige Etappe nach León hat Marathonlänge und es wird wieder sehr warm werden. Wolken scheint es am Himmel von Castilla y León nicht zu geben, aber ich will nichts herbeireden. Die Regentage in Navarra haben für diesen Camino gereicht und waren nicht leicht zu ertragen. Selbst wenn man endlich im Albergue angekommen war, mußte man morgens wieder in die klamme Kleidung und  in feuchte  Schuhe. Aber was sagt Jane dazu: "It's not a holiday, you have to suffer!"

Nach genau 7 Stunden habe ich die frühgotische Kathedrale von Leon erreicht und quartiere mich in der Jugendherberge nebenan ein. Luxus pur, Vierbettzimmer mit eigener Dusche und WC für 10 € und zentraler geht es nicht. 
León hat sich aus einem römischen Stützpunkt heraus entwickelt. Der Name Leon leitet sich vom römischen 'legio' ab. Die Altstadt rund um die Kathedrale ist ausgesprochen attraktiv, noch dazu bei diesem milden Frühlingswetter. 

Monumento al Peregrino León


VIEIRA oder auch JAKOBSMUSCHEL
ist das Erkennungszeichen des Santiago-Pilgers und wird i.d.R. gut sichtbar am Rucksack befestigt getragen. Der Muschel begegnet man natürlich an Hinweisschildern, historischen Gebäuden, historischen Figuren, auf den Gehwegen in den Städten, eigentlich überall auf dem Camino Santiago.


AUCH EINE 42KM -ETAPPE MACHT AUS DEM CAMINO NOCH KEINEN MARATHON!



buen camino


Mittwoch, 12. März 2014

15. Tag -

miércoles 12.03.14
Terradillos de los Templarios - El Burgo Ranero  -  30 km
blauer Himmel bei  3 - 22° C



 


Hola,

wir wandern auf fast konstant 850 m Höhe immer noch auf der Via Aquitana in Richtung Leon.
Die Sonne brennt vom Himmel, ich habe heute Sonnenschutzcreme kaufen müssen. Das Sortiment beginnt hier in der Apotheke mit Faktor 50 ;-). Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, hier im Sommer zu pilgern. Nach den 30 km heute waren Jane und ich am Ende. Das Albergue ist 'donativo', d.h. man gibt i.R. eine Spende, jeder nach seinen Möglichkeiten.
Ich habe in der kleinen tienda im Dorf Gemüse und Kichererbsen gekauft, es gibt Suppe, Brot und Rioja - die Nacht wird kalt werden, eine Heizung im Lehmziegelgebäude hab ich nicht entdeckt und man kann durch Lücken zwischen den Dachziegeln den Himmel sehen ;-).

Jane hat zur Abwechslung mal wichtige German-phrases gelernt:
"et küt wie et küt" , "mach mich nicht dat Hemd am flattern" , "der Ball ist rund". 

Lernziel für die 'nurse from England': Verbesserung der Ausdrucksfähigkeit in der Alltagssprache bis zum Eintreffen in Santiago. ... und ich hab natürlich einen Heidenspass!!!




TORTILLA y BOCADILLO

Die Mutter aller Stärkungen hat noch eine Schwester: Die TORTILLA
Geschmacksrichtungen:

francesa (Omelett)
de jamon (Schinken)
de chorizo (Paprikawurst)
de queso (Käse)
de bonito (Thunfisch)

Da sich die Superstulle BOCADILLO wiederum auch mit TORTILLA belegen lässt, ergeben sich unendlich viel Variationsmöglichkeiten, die man auf einer einzigen Pilgerreise natürlich nicht alle ausprobieren kann.

ET KÜT WIE ET KÜT!

buen camino





14. Tag - Via Aquitana

martes 11.03.14
Carrión de los Condes - Terradillos de los Templarios  -  27 km
blauer Himmel, Sonne, 22° C, Wind v. Ost




Hola,

die ersten km des Tages führen über die Originaltrasse der Römerstraße die als Via Aquitana oder Via Trajana (Astorga-Burgos-Bordeaux) referenziert wird.
Die Sonne wärmt mir von hinten die Waden, hab mich heute früh bei ca. 0° C mutig für kurz entschieden, um den Kopf herum eher wieder "talibanlike". Die Guardia Civil hat mich am Ortsausgang wieder ignoriert, die müssen doch ziemlich abgebrüht sein ... die könnten doch wenigstens mal die Stempel (sellos) in meinem Pilgerausweis (credential) genauer unter die Lupe nehmen ... diese Brüder. 


Die Via scheint endlos und irgendwann glaube ich, daß sie nicht nach Astorga führt, sondern direkt nach Rom zu unserem lieben Papst Franziskus. Den Römern muß beim Anblick der unendlich scheinenden Ebene vor Gier der Sabber geflossen sein und dann wurden bekanntermaßen wie verrückt Straßen und Brücken gebaut, um die Provinz Hispania ordentlich auszubeuten.
Die armen Iberer! Wohin diese Gier und der  Imperialismus geführt haben, ist bekannt. 



Mein heutiges Ziel Terradillos de los Templarios hat sicher eine historische Verbindung zu den Tempelrittern. Viele christliche Ritterorden haben die Wege nach Santiago im MA gesichert. Heute übernimmt das die Guardia Civil und das Spanische Rote Kreuz. Der Pilger hat im Notfall freie Heilbehandlung!

Habe mir gestern noch von Schwester Leonora einen Kessel geliehen und für meine "camino-family" Linsensuppe gekocht. Beinahe folgerichtig bat mich Jane noch, alles Wasser in Wein zu verwandeln, das Pilgerbett rief ;-))) .



AUCH WER SEINE LINSENSUPPE MIT DEN MITBRÜDERN TEILT, KANN NOCH LANGE NICHT WASSER IN WEIN VERWANDELN!

buen camino

13. Tag - St. Martín

lunes 10.03.14
Boadilla - Carrión de los Condes  -  27 km
blauer Himmel, Sonne, leichter Wind NO

 
Hola,

wir sind immer noch in Castilla y León und brechen heute morgen jeder für sich in Richtung Carrión de los Condes auf. Dort wollen wir gemeinsam im Albergue Espíritu Santo bei den Vinzentinerinnen übernachten. 


 
Der Weg führt am Canal de Castilla vorbei. Der Pilgerweg führt in Fromista an der rein romanischen Eglesia St. Martín aus dem 11. Jhd. vorbei. Jane ist begeistert und beschließt spontan, eine kleine Zeichnung anzufertigen.












 

Aus den verbleibenden 18 km mache ich einen Eilmarsch über die Nationalstraße und bin schon um 13 h bei den Vinzentinerinnen, wo mich Schwester Susanna herzlich empfängt. 

ERNÄHRUNG - BOCADILLO

Der neuzeitlich Pilger bedient sich hemmungslos aus den kleinen tiendas oder den supermercados. Die Mutter aller Stärkungen auf dem Camino ist jedoch das Bocadillo, welches fast immer irgendwo am Weg zu haben ist. Basis dieser Riesenstulle ist das pan, welches dann ordentlich mit Käse, Eiern oder Wurst belegt wird. Selbst ausgehungertste Pigerinnen wie Jane mag es zu sättigen, sogar wenn sie 'hangry' ist, was soviel bedeutet wie angry + hungry. 



Das Bocadillo hat tagsüber gereicht, abends wird hingegen oft gemeinsam im Albergue gekocht, international, improvisiert und sehr spontan, fast immer gepaart mit einem mehr oder weniger ausgelassenen Bacchanal.



buen camino